Die Verletzung des Nervensystems kann schwerwiegende Folgen haben. Nach einer Schädigung des zentralen Nervensystems kommt es nur zu einer sehr geringfügigen, meist nicht funktionellen Regeneration und auch im peripheren Nervensystem führt die zwar deutlich bessere Regeneration nicht immer zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Somit sind die neuronalen Regenerationsprozesse ein wichtiger Bestandteil der medizinischen Forschung und Gegenstand dieser Arbeit. Dabei spielt nicht nur das Überleben der verletzten Nervenzellen eine wichtige Rolle, sondern auch das Wiederauswachsen neuronaler Fortsätze sowie die funktionelle Wiederherstellung der neuronalen Verknüpfungen. Das Auswachsen der neuronalen Fortsätze wird sowohl über Oberflächenmoleküle der nicht-neuronalen Zellen, als auch über verschiedenste sezernierte Faktoren, zu denen die Neurotrophine gehören, gesteuert. Da mit einer Verletzung auch die Entstehung einer Immunantwort einhergeht, stellte sich die Frage, ob auch die Botenstoffe der Immunzellen zu den Faktoren gehören, die das Auswachsen der neuronalen Zellen beeinflussen können. Um dieser Frage nachzugehen, wurde ein neuronales organotypisches Auswachsmodell von Spinalganglien etabliert. Hierbei zeigte sich, dass die Neurotrophine NGF, NT3 und NT4 im organotypischen Modell ein ähnliches neuronales Wachstumsmuster induzieren, wie es für diese Faktoren in neuronalen Einzelzell-Kulturen bereits beschrieben wurde. Anschließend wurde das neuronale Wachstum unter dem Einfluss ausgewählter Zytokine (IL-1, IL-6, TNF, IFN und IL-4) in Kombination mit NGF, NT3 und NT4 analysiert. Um zu untersuchen, ob die Zytokine den gleichen Effekt auf Neurone des zentralen Nervensystems ausüben, wurde das organotypische entorhinale Kortex Auswachsmodell zur Analyse herangezogen. In beiden angewandten Modellen zeigte sich, dass die Zytokine das neurotrophinabhängige Wachstum verändern konnten, im PNS und ZNS jedoch unterschiedliche Wirkungen haben können und auch die Konzentration der Zytokine entscheidend für deren Effekt ist. So konnte IL-1 nur im ZNS-Modell, IFN dagegen nur im PNS-Modell in hoher Dosierung das Wachstum steigern. IL-6 steigerte das Wachstum in beiden Modellen, wobei es diesen Effekt im PNS- Modell nur bei geringer Dosierung, im ZNS-Modell jedoch bei hoher Dosierung hervorrufen konnte. TNF reduzierte das Wachstum im PNS-Modell sowohl in geringer als auch in hoher Konzentration, wohingegen es im ZNS-Modell das Wachstum nur in geringer Dosierung steigern konnte. Im PNS-Modell wurde das Wachstum durch IL-4 unterschiedlich beeinflusst. In niedriger Dosierung kam es zu einer Reduktion, in hoher Dosierung zu einer Stimulation des neuronalen Auswachsens. Weitergehend wurde der Einfluss der Zytokine auf die Aktivierung von bekannten Neurotrophin-Rezeptor-Signalkaskaden in kortikalen Einzelzell- Kulturen untersucht. Hierzu wurde die NT3-abhängige Aktivierung von PLC, Akt und MAPKp42/p44 unter dem Einfluss der Zytokine im Western Blot analysiert. Durch IFN wurde weder das neuronale Auswachsen noch die NT3-abhängige Aktivierung der Signalkaskaden verändert. Während IL-1 und TNF im organotypischen ZNS-Modell eine Steigerung des Auswachsens bewirkten, führten sie in den Einzelzell-Kulturen zu einer verminderten NT3-abhängigen Aktivierung von Akt bzw. PLC. Dies lässt vermuten, dass der wachstumssteigernde Effekt der Zytokine durch andere Zellen bzw. auf anderen Wegen als den hier untersuchten Signalkaskaden hervorgerufen wird. Die durch IL-6 hervorgerufene Wachstumssteigerung scheint unabhängig von der NT3-induzierten Aktivierung von PLC und Akt zu sein, könnte aber über die MAPK-Signalkaskade vermittelt werden. Durch IL-4 konnte eine verstärkte NT3-abhängige Aktivierung von MAPK induziert werden, die für die beschriebene Stimulation des neuronalen Wachstums durch IL-4 verantwortlich sein könnte. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die hier untersuchten Zytokine das neurotrophinabhängige Wachstum von geschädigten neuronalen Zellen im organotypischen Modell beeinflussen können. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass diese Effekte sowohl vom Neuronentyp als auch von der Zytokin- Konzentration abhängig sind. Für die kortikalen Einzelzellen konnte gezeigt werden, dass diese Modulationen zum einen durch direkte Interaktionen der Zytokine mit den Neurotrophin-Signalkaskaden in Nervenzellen hervorgerufen werden, und zum anderen auch über einen indirekten Einfluss der Zytokine, z.B. auf nicht-neuronale Zellen, bzw. über andere Signalbegebenheiten erfolgen können. Somit scheint die Immunantwort bei einer Verletzung das Regenerationsverhalten der Neurone mit zu beeinflussen. Um diese Einflüsse auch für therapeutische Maßnahmen einsetzen zu können, müssen die Interaktionen der Zytokine auf das neuronale Wiederauswachsen noch detaillierter untersucht werden.
The injury of the nervous system can have sever consequences. After damage of the central part (CNS) regeneration occurs only marginally and even in the peripheral nervous system (PNS), where regeneration is more pronounced, complete functional recovery can not always be observed. Therefore, neuronal regeneration processes are an important aspect in clinical research. Not only survival of damaged neurons, but also neurite re-growth and functional recovery are of main interest. Neurite outgrowth is confered by some surface molecules of surrounding non-neuronal cells, as well as by secreted factors, e.g. like the neurotrophins. Since an injury is accompanied by an immune reaction the question in this work was if secreted factors of immune cells could also influence the neurite outgrowth of damaged neurons and if they have similar effects on neurons of the central and peripheral part of the nervous system. As a model for the PNS an organotypic outgrowth assay of dorsal root ganglia (SG) was established and the influence of the neurotrophins NGF, NT3, and NT4, was analysed. The aforementioned neurotrophins induced the same neurite outgrowth pattern in the organotypic outgrowth model as has been described for single cells. For the CNS neurite outgrowth explants from entorhinal cortex (EC) were analysed. The influence of selected cytokines (IL-1, IL-6, TNF, IFN, IL-4) on neurite outgrowth was determined. All tested cytokines somehow modulated the neurotrophin dependent outgrowth. IL-1 stimulated only neurite outgrowth in the CNS model while IFN had the same effect only in the PNS model. IL-6 enhanced the outgrowth in both models; in low doses for the DRG neurons and in high doses for the EC neurons. TNF reduced neurite growth in the PNS model at both concentrations, stimulation in the CNS model occurred only at low doses. IL-4 modulated neurite outgrowth of DRG neurons differently. At low doses, neurite outgrowth was decreased, while at high concentration neurite outgrowth was increased. Since cytokines modulate neurotrophin dependent outgrowth, their influence on some known neurotrophin receptor signaling cascades in single cell cultures of cortical neurons was examined. The NT3 dependent activation of PLC, Akt and MAPK after cytokine treatment of the neurons was determined by Western blot. IFN had neither effects on the neurite outgrowth, nor on NT3 dependent activation of the analysed signaling cascade members. Although IL-1 and TNF stimulated outgrowth in the organotypic CNS model they reduced NT3 dependent activation of Akt and PLC, respectively in single cell cultures. Those findings admit the presumption that growth stimulating modulation of these cytokines is mediated by other effects. The IL-6 induced outgrowth stimulation seemed to be independent of the NT3 conferred activation of PLC and Akt but may be negotiated by the MAPK signalling cascade. Treatment with IL-4 results in enhanced NT3 dependent MAPK activation, most likely leading to the stimulation of neurite outgrowth through IL-4. In conclusion, that the five analysed cytokines all influence the neurotrophin dependent neurite outgrowth of damaged neurons in organotypic outgrowth assays. The cytokines modulate the re-growth dependent on their concentration and on the neuron type. For the cortical single cells it was shown, that the effects can be mediated by direct interaction of cytokines with the neurotrophin receptor signalling cascades as well as by indirect interactions, most likely with non-neuronal cells, or other signalling events. Hence, the concomitant immune reaction in injured nervous systems seems to have an impact on neuronal regeneration. In order to apply these functions in therapeutical methods, the interaction of the cytokines with the neurite outgrowth needs to be studied in more detail.